Kaffeeflecken auf dem Lieblingskleid, verschmierte Kinderhände auf der Tapete und endlose Wäscheberge – der Alltag einer Mutter ist oft fordernd. Doch was, wenn die größte Herausforderung darin besteht, sich selbst nicht zu verlieren? Wenn die Tage trotz aller Aufgaben so leer erscheinen, dass Langeweile zur Belastung wird?
Kannst du dich noch daran erinnern, wie du deinen allerersten Schwangerschaftstest gemacht hast? Oder vielleicht gar keinen gemacht hast, sondern beim Arzt erfahren hast, dass du schwanger bist? So erging es mir damals. Ich war noch längst nicht bereit und am Anfang meines Studiums zur Diplom-Kauffrau, als meine Mens nicht kam. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, einen Test zu machen, denn DAS konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Also ging ich zum Arzt.
Bis heute fühle ich diesen Moment, als sei es gestern gewesen, dabei sind vor wenigen Wochen erst Tränen geflossen, als mein erster Sohn 18 geworden ist. Die Ärztin hielt mich bis zum Gespräch hin. Die Untersuchung ergab nichts. Auch sonst sei alles ok. Aber der Urintest sei positiv. Herzlichen Glückwunsch. Sie sind schwanger. Mit 22. Im Studium. In unsicherer Beziehung. Ich brach gleichzeitig lachend und weinend zusammen...
"Wie kann ich bloß jetzt an diesem Punkt sein, dass ich die Mutterschaft, den Haushalt und den damit verbundenen Mental Load als etwas so belastendes empfinde? Wie kann ich so fühlen, nachdem ich vor Vorfreude auf mein Kind so voller Glück war?"
Heute habe ich sechs Kinder und ich frage mich, wie es dazu kommen konnte. Gut, das weiß ich. *zwinker, zwinker* Spass beiseite. Ich mache euch mal nichts vor, es ist nicht meine Berufung. Trotzdem bin ich diesen Weg gegangen und ich kann euch auch sagen, wieso ich ihn gegangen bin: Weil ich nicht wusste, wer ich bin und was ich im Leben wirklich will. Ich habe von klein auf gelernt, dass ich zu gehorchen und mich anzupassen habe. Das ich meine Gefühle unterdrücken muss und nicht sein darf, wer ich eigentlich sein will. Das ich mich unterordne und auf die Bedürfnisse anderer zu achten habe. Hier beginnt mein Weg, aber dazu wann anders mehr.
Was ist Boreout und wie äußert er sich bei Müttern
- Definition: Boreout ist das Gegenteil von Burnout und beschreibt eine Unterforderung.
- Symptome bei Müttern: Langeweile, Demotivation, Antriebslosigkeit, Sinnlosigkeit, Gefühl der Wertlosigkeit, Depression, körperliche Beschwerden wie Müdigkeit, Kopfschmerzen, etc.
Ursachen von Boreout bei Müttern
- Frust durch ungleiche Rollenaufteilung bei Care Arbeit, Haushalt und Mental Load.
- Zeitliche Überforderung an Alltagsaufgaben, die es nicht erlauben, eigene Bedürfnisse zu berücksichtigen.
- Mangelnde Wertschätzung für alltägliche Aufgaben.
- Rückgezogenes Leben und mangelnde soziale Kontakte.
- Unsicherheit über eigene Lebensziele und Sinn des Lebens; Perspektivlosigkeit.
Folgen des Boreouts
- Eine Folge des Boreouts ist tatsächlich auch das Burnout. Ein auf Dauer unerfüllter, gelangweilter Zustand führt im Alltag zum Gefühl der Überforderung mit den täglich anfallenden Aufgaben.
- Depressionen und Angststörungen
- Physische Symptome wie Müdigkeit, Trägheit und Lustlosigkeit. Schlafstörungen, innere Unruhe, verminderte Aufmerksamkeit, aber auch Rücken- und Kopfschmerzen können ebenfalls auftreten.
- Beziehungsprobleme durch Streit oder Beendigung von Freundschaften durch Rückzug.
Erkennst du dich da wieder? Wenn ja, dann kann es sein, dass du betroffen bist - so wie ich. Für mich war das Wichtigste zu wissen, was eigentlich der Grund hinter meinen Symptomen ist und nach dem ich eine Weile im Internet gewühlt hatte, konnte ich sehen, dass ich damit gar nicht alleine bin, sondern dass viele Mütter vom Boreout betroffen sind. Trotzdem scheint es sich um ein Tabuthema zu handeln und kaum eine spricht gerne offen darüber. Schuldgefühle gegenüber den Kindern tauchen auf und sorgen dafür, dass man sich gleich noch schlechter fühlt.
"Aber eins kann ich dir ganz gewiss sagen: Egal wie viele Kinder du hast, du liebst sie und bist eine großartige Mutter! Ganz unabhängig von deinem Boreout."
In der Regel und je nach Stärke der Symptome versucht man stets, eine gute Mutter zu sein, auch wenn man beim Boreout schnell denkt, dass die Kinder sicher darunter leiden müssen. Ab einem gewissen Punkt bestimmt, aber meist bezieht sich die Antriebslosigkeit lange auf die Aufgaben im Haushalt und die häufig lange To Do Liste. Vieles wird aufgeschoben und obwohl sich Zeitfenster auftun, schafft man es nicht, sich zu überwinden, die Aufgaben zu erledigen. Teilnahmslos sitzt man am Handy und scrollt durch Social Media oder hängt seinen Gedanken nach.
"Wozu wieder und wieder die selbe Aufgabe wiederholen?"
Wir sind bei acht Personen jetzt mittlerweile bei zwei Spülmaschinen am Tag, die ausgeräumt werden müssen. Entsprechend hoch ist die Aktivität in der Küche. Man bedenke einmal die Menge an Essen, die täglich über den Tisch geht oder sogar die Wäsche, die gewaschen, gefaltet und in die Schränke geräumt werden muss. Es gibt Aufgaben, die sich täglich wiederholen. Je mehr Personen, desto mehr dieser Wiederholungsaufgaben sammeln sich und nehmen einen großen Teil des Alltags ein. Diese Aufgaben frustrieren beim Boreout unglaublich.
- Aufgaben wiederholen sich täglich in ähnlicher oder gleicher Form.
- Keine Anerkennung und Wertschätzung.
- Ergebnis nach Erledigung ist nur kurzfristig befriedigend.
Wo ist nun genau das Problem? Ich kann es dir sagen: Wenn man von einer Aufgabe nicht erfüllt ist - also erfüllt nur aufgrund der Bedingung, dass man diese Aufgabe erledigt - dann frustriert es, sie immer wieder machen zu müssen. Das ist aber so lange kein Problem, wie man für sich selbst einen Ausgleich mit Dingen hat, die eben diese Erfüllung geben. Jedoch bleibt in einem vollen Alltag mit Kindern, Haushalt und womöglich noch einem Job kaum Zeit für eigene Hobbys oder die eigenen Bedürfnisse und somit beginnt eine Abwärtsspirale aus energieraubenden Handlungen und ab einem gewissen Punkt ist man einfach ausgebrannt. Geht im Übrigen allen Menschen so, unabhängig davon, ob sie Kinder haben oder nicht, wenn in ihrem Leben erfüllende Tätigkeiten fehlen.
Was kann mir Helfen?
Tatsächlich ist der Weg raus, je nachdem wie weit man bereits drin steckt, gar nicht so einfach. Hier sind ein paar wenige Tipps, die du schnell umsetzen kannst. Geht es dir psychisch allerdings schon sehr schlecht und du vermutest Depressionen, dann bitte ich dich, dir einen erfahrenen Therapeuten zu suchen. Medizinische Ratschläge kann ich dir hier nicht geben.
Und einen weiteren Punkt möchte ich vorab auch noch ansprechen. Beim Boreout kommt es zur Demotivation, die es ausserdem auch erschwert, sich für Aufgaben einzusetzen, die dir da raus helfen sollen. Das ist völlig normal und gehört dazu. Daher ist es wichtig sich klar zu machen, dass die Schritte zurück in ein normales Leben, anfangs eher klein, dafür aber kontinuierlich sein sollten.
- Schau dich mal um, ob du ein kleines, hübsches Notizbuch findest und nutze es als Tagebuch. Jeden Abend notierst du dir die Dinge, die du an diesem Tag ausschliesslich für dich selbst und für deine Bedürfnisse getan hast. Dabei geht es nicht um Grundbedürfnisse wie duschen oder essen.
- Nun überlege einmal, welche drei Dinge kannst du an einem Tag tun. Hier ein paar Beispiele:
- Ich habe zb ein paar gesundheitliche Einschränkungen durch eine Quecksilbervergiftung und vergesse immer wieder meine Nahrungsergänzungsmittel zu nehmen, die diese Situation verbessern würden. Also versuche ich aktuell alles zu nehmen und in dieser Kombi auch daran zu denken, genug zu trinken.
- Magst du einen bestimmten Sport? Ich bin ja eher faul, aber weiß, dass es mir gut tut. 10 min reichen. Seilspringen, Hula Hoop, wild durch die Gegend tanzen, Pilates, Yoga, Aerobic, egal was... Schau, worauf du Lust hast und stelle einen Timer.
- Musik auf die Ohren. Wenn es die Kinder gerade zulassen, Kopfhörer rein und Musik aufdrehen oder Heilfrequenzen hören. Das kann helfen sich zu erden.
- Reden - suche dir bewusst Vertrauenspersonen, mit denen du darüber reden kannst.
- Delegieren. Ich weiß was du denkst. Ich kenne das Gefühl - als würde man versagen -wenn man nicht alles alleine schafft. Aber eigentlich ist es ganz normal und richtig, andere um Hilfe zu bitten oder Aufgaben an Familienmitglieder zu delegieren. Nur Mut. Stehe offen und ehrlich für dich selbst ein, denn du bist dir selbst die nächste Person und du darfst für dich selbst in gleichem Maße da sein, wie du es für andere tust. Vergiss nicht, die Verantwortung für dich selbst trägst nur du.
- Gibt es Dinge, die du gern tust, aber die Zeit nicht dafür findest? Es gibt "keine Zeit" nicht. Die haben wir. Aber wir setzen die Prioritäten anders, nämlich darauf, Bedürfnisse anderer zu befriedigen, die Familie zu managen oder den Haushalt zu schmeissen. Setze Prioritäten um und nimm dir einmal am Tag, und wenn nur für einen kurzen Moment, Zeit für dein Hobby. Vielleicht kannst du es gemeinsam mit deinen Kindern machen? Wenn ich male, sitzen meine Kinder gerne mit an meinem Tisch und malen ebenfalls.
- Keine Idee, was dir Spaß machen könnte? Probiere nach und nach mal was neues aus und du wirst raus finden, was dir Freude macht.
- Grenzen setzen. Ein nein zu anderen ist ein ja zu dir selbst. Tritt einen Schritt zurück und nimm keine Aufgaben von ausserhalb an, wenn es dir selbst nicht gut geht.
- Atemtechniken zum Entspannen. Sie helfen dir, dich einmal ganz auf dich selbst zu konzentrieren und das Stresslevel zu senken.
Ich selbst habe gemerkt, dass es mich abends, beim Schreiben in mein Notizbuch, ganz stolz macht, wenn ich drei Dinge gefunden habe, die ich für mich selbst gemacht habe. Das ist nämlich auch für mich eine Herausforderung. Was mir auch aufgefallen ist, dass es nichts bringt zu versuchen, mit einem Mal möglichst viele Momente am Tag für sich selbst raus zu schlagen. Das verursacht Druck und führt wieder zu einem erhöhten Stresslevel. Daher ist es wirklich sinnvoll, ganz klein, mit wenigen und kurzen Momenten zu starten. Wenn sich neue Gewohnheiten entwickelt haben, wird es irgendwann ganz normal sein, Zeit in sich selbst zu investieren und dann kann man diese Zeiten auch verlängern oder ergänzen. Je nachdem, wie es im Zusammenspiel mit den Kindern klappt.
"Wenn du es nicht schaffst, für dich selbst einzustehen, wer soll es dann tun?"
Hast du noch Fragen oder Anregungen? Dann melde dich gerne bei mir.
Ich wünsche dir ganz viel Kraft auf deinem Weg,
deine Tini!
Kommentar hinzufügen
Kommentare